Nur wenige Kilometer oberhalb der ersten Freundschaftsbrücke, die seit 1994 in Laos den Mekong überspannt und unter der schlüssigen Parole „Vom Schlachtfeld zum Marktplatz“ das isolierte Land mit Thailand und damit der westlichen Welt verbindet, tragen wir unsere Koffer die schlammige Uferböschung hinunter auf unser Schiff. Der wunderschöne Katamaran mit nur vierzehn Kabinen wurde auf einer Sandbank 2005 aus Mahagoni und Teakholz gebaut und vorletztes Jahr komplett restauriert. Die Mekong Sun ist eines von nur drei Schiffen, die zwischen der verschlafenen laotischen Hauptstadt Vientiane und Lane Xang, dem alten Zentrum des Königsreichs der Million Elefanten und heutigem Weltkulturerbe Luang Prabang verkehren.
Schon nach wenigen Stunden Fahrt sind alle Spuren menschlicher Zivilisation verschwunden. Dichter Regenwald begleitet uns flussaufwärts. Die üppige Vegetation reicht bis ans Wasser. Unter einem uralten Tamarindenbaum finden wir einen Ankerplatz für die Nacht in Pak Sao, dem „Ort der Zwanzig Leute“. Diese sitzen auch alle vor ihren Hütten zwischen Hühnern, Kühen, Schweinen und einem dreibeinigen Hund, der uns ankläfft, während wir auf der staubigen Dorfstraße entlanglaufen, von der hin und wieder ein schmaler Weg durch den Dschungel in die Berge abzweigt. Allzuweit trauen wir uns nicht in die tunnelartigen Ho Chi Minh Pfade hinein. Auf dem Rückweg leuchten zu unserem Erstaunen ein paar nackte, von Mosquitos umschwirrte Glühbirnen in der Dämmerung, obwohl nirgendwo Strommasten zu sehen sind.
An den Stromschnellen vor Chiang Khan wird unserem Kapitän Mr. Huan alles abverlangt. Sandbänke und Felsen im enger werdenden Flussbett, dazu Wasserstrudel. Der Mekong ist nicht einfach zu befahren. Mal fließt er breit, träge und schläfrig an noch trägeren Dörfern vorbei, dann wieder tauchen zwischen gefährlichem Flachwasser plötzlich Untiefen auf. Alle paar Minuten ändert sich der Fluss. Nur seine Farbe behält er immer bei. Scheinbar ziellos kreuzt Mr. Huan die Mekong Sun durch das rötliche Braun. Weiter flussaufwärts wird der Fluss erst einmal ruhiger. Auf einem bewaldeten Bergrücken verkündet ein goldener Buddha das Ende der gemeinsamen Grenze mit Thailand.