Was macht eigentlich … ein Reise-Entwickler?

Ein Gespräch mit Mehdi Langanke

Mehdi Langanke

Ich treffe Mehdi Langanke in Berlin, in einem Café am Wittenbergplatz. Der dynamische 49-Jährige, gerade aus der brasilianischen Dschungel-Metropole Manaus zurückgekehrt, deutet auf seinen Espresso und meinen Latte macchiato: „Wie der Rio Negro und der Amazonas.“

Er zeigt mir ein Handy-Video, in dem sich die beiden Flüsse, der eine schwarz, der andere braun, über Kilometer ein Flussbett teilen, ohne Wasser und Farben zu vermischen. Langanke gerät ins Schwärmen, zeigt stolz Aufnahmen eines Boutique-Schiffs: „Das ist die MS Jangada, unser neues Amazonas-Schiff. Schon die Jungfernfahrt war phänomenal.“

Mehdi Langanke arbeitet als Reise-Entwickler bei einem Spezialveranstalter mit dem relativ ungewöhnlichen Namen Lernidee Erlebnisreisen. „Von zehn außergewöhnlichen Ideen schafft es vielleicht eine ins Planungsstadium. Wenn es dann an die Details geht, kooperiere ich eng mit den Kollegen im Berliner Büro und spezialisierten Agenturen im Zielgebiet. Aber auch unsere Gäste können mitreden. Wir haben viele engagierte Stammgäste und bei uns finden tatsächlich auch Gästewünsche Eingang ins Programm – entweder als ganz neue Reise oder als Verbesserung bei bestehenden Touren.“ Ein ganz wichtiger Faktor: Die Erlebnisreisen müssen mit Zug oder Schiff machbar sein, denn als Spezialist bedient Lernidee Erlebnisreisen hauptsächlich diese beiden Nischen.

Im Programm des Berliner Veranstalters finden sich Klassiker wie der Orient-Express oder Sonderzugreisen auf der sagenhaften Seidenstraße, aber auch viele ungewöhnliche Ziele und Züge auf allen Kontinenten, etwa eine Schmalspurbahn auf Sardinien oder eine Zugreise über den Polarkreis.

„Bei Zugreisen sind die Strecken ja weitestgehend vorgegeben – da ist es eine spannende Herausforderung, neue Routen zu finden oder bestehenden Reisen einen frischen Aspekt hinzuzufügen.” Langanke hat offensichtlich ein Händchen für Innovationen. Neu im Lernidee-Programm sind zum Beispiel eine Zugreise vom Atlantik zum Pazifk, Schienen-Abenteuer in Alaska und im Goldgräber-Paradies Yukon, in der Hudson Bay, an der kanadischen Westküste und, ganz spektakulär: eine einmalige Kombination von Mississippi-Kreuzfahrt und Zugreise und zwischen New York City und den Südstaaten der USA..

Zu einer echten Herausforderung kann manchmal die Suche nach einem geeigneten Partner vor Ort werden. Wenn Langanke beispielsweise das Konzept für eine spannende Schiffsreise entwickelt, kann das Projekt trotzdem scheitern, wenn er vor Ort kein geeignetes Schiff findet. „Manchmal schaffen wir Abhilfe, indem wir mit Partnern zusammen ein eigenes Schiff bauen, zum Beispiel auf dem Mekong in Südostasien, wo wir mit der Mekong Sun das allererste Flusskreuzfahrtschiff in Laos überhaupt gebaut haben.“

Langanke entwickelt nicht nur neue Reisen, sondern begleitet auch etablierte Reisen, gerade erst die Hausboot-Safari auf dem Sambesi, um ein Gespür für Gästewünsche zu bekommen. „Manchmal kann man Details noch optimieren. Meist sind es die kleinen Dinge, die ein Erlebnis schaffen, das man nie vergisst. Manche Gäste wünschen sich auch am anderen Ende der Welt unbedingt ihren geliebten Schoko-Aufstrich oder einfach einen freien Nachmittag, um über einen usbekischen Basar zu bummeln.“

Selbst wenn er privat unterwegs ist, reist sein Beruf immer mit. „Ob ich will oder nicht, denke ich immer daran, was von dem, was ich selbst erlebe, in das Programm von Lernidee passen würde.“ Dann verabschiedet sich Langanke – er muss noch packen. Morgen begleitet er eine E-Bike-Tour in Südafrika, die er für die Lernidee-Tochter Belvelo entwickelt hat. Der Reise-Entwickler ist optimistisch, dass es seinen Beruf noch eine ganze Weile geben wird: „Unsere Buchungszahlen sprechen für den wachsenden Wunsch nach unverwechselbaren Reisen, die nicht am Rechner zusammengeklickt, sondern von echten Menschen kreiert und getestet werden.“

Text: Rasso Knoller

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